Gestern Abend wurde nach langen Verhandlungen ein Konjunkturpaket beschlossen. Gesamter Umfang des Pakets sind 130 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Beide Konjunkturpakete der letzten Krise zusammen beliefen sich auf 100 Milliarden Euro.
Das Paket ist aufgeteilt in ein Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket für die schnelle Wiederbelebung unserer Wirtschaft, und ein Zukunftspaket, das die Transformation vorantreiben soll. Zu ein paar viel diskutierten Punkten:Eltern bekommen einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro .
Die Mehrwertsteuer wird von 19% auf 16% und von 7% auf 5% gesenkt. Da alle, unabhängig vom Geldbeutel, den gleichen Mehrwertsteuersatz zahlen, ist das aus Verteilungssicht erstmal gut. Die Frage ist aber, in wie weit die Preissenkungen an die Endverbraucher weitergegeben werden: Apple zum Beispiel verkauft das IPhone ja zu einem Preis der weit über den Produktionskosten liegt. Apple kann das machen, weil es niemand anderes gibt, der ein IPhone für einen niedrigeren Preis anbietet. Wieso sollte Apple nun die geringere Mehrwertsteuer an die Verbraucher weitergeben? Ein Gegenbeispiel: Bei Nahrungsmitteln im Supermarkt herrscht in den meisten Fällen großer Preiswettbewerb. Daher wäre hier zu erwarten, dass die Mehrwertsteuersenkung hier direkt an den Kunden weitergeben wird. Zudem sieht jeder eine Mehrwertsteuersenkung auf dem Kassenzettel und sie ist schnell umsetzbar. Daher scheint sie eine geeignete Maßnahme zur schnellen Wiederbelebung der Konjunktur. Das Ganze bringt 20 Milliarden Euro zusätzlich in den Umlauf und gehört damit zu den ganz großen Maßnahmen im Konjunkturpaket.
Während Deutschland in der Krise seine Mehrwertsteuer senken kann, um die Wirtschaft anzukurbeln, musste Griechenland die Mehrwertsteuer seit 2010 immer wieder anheben, um die Vorgaben der Rettungspakete zu erfüllen und ist nun bei einem Mehrwertsteuersatz von 24% angekommen. Zu Kommunen: Besonders wichtig für München ist, dass Gewerbesteuerausfälle ausgeglichen werden, da die Gewerbesteuer mit Abstand die wichtigste Einnahmequelle der Stadt darstellt. Dazu wurde ein kommunaler Solidarpakt 2020 beschlossen unter dem Bund und Länder jeweils die Hälfte der Kosten übernehmen.Darüber hinaus übernimmt der Bund *dauerhaft* weitere 25% der Kosten der Unterkunft. Kosten von Unterkunft und Heizung fallen für BezieherInnen der Grundsicherung an und sind die größte Ausgabenposition des Münchner Sozialreferats. Bisher hatte der Bund knapp die Hälfte der Kosten in Bayern übernommen.
Teil der Verhandlungen war außerdem eine Altschuldenregelung für überschuldete Kommunen. Jene hat es nicht in das Konjunkturpaket geschafft. Man könnte aber argumentieren, dass die Unterstützung des Bundes bei den Kosten der Unterkunft fast wichtiger als die Tilgung von Altschulden ist: Kommunen dürfen sich im allgemeinen nur für Investitionen verschulden. Alle laufenden Ausgaben müssen durch Einnahmen finanziert werden. Brechen wie in der Krise jetzt die Einnahmen ein, müssen daher sofort die Ausgaben gekürzt werden. Das ist natürlich wenig hilfreich, um die Wirtschaft in Gang zu bringen und das Vertrauen der Menschen vor Ort aufrechtzuhalten. Eine Übernahme laufender Ausgaben wie den Kosten der Unterkunft trägt dazu bei, dass die Kommunen ihre laufenden Ausgaben weniger kürzen müssen, bzw in der Zukunft sogar mehr Spielräume haben, weil die Änderung ja dauerhaft ist.
Alte Schuldenberge von Kommunen zu tilgen hätte auch ein bisschen bei laufenden Ausgaben geholfen, da dann Zins- und Kreditrückzahlungen aus den Haushalten verschwunden wären. Altschuldentilgung hilft darüber hinaus jedoch wenig bei laufenden Ausgaben. Und: Sie hilft nicht, das ursprüngliche Problem vieler Kommunen anzugehen: Dauerhaft zu niedrige Einnahmen und zu hohe Ausgaben. Zur viel diskutierten Abwrackprämie: Es gibt keine Prämie für Verbrenner, sondern nur eine Erhöhung der Prämie für Elektrofahrzeuge, Flottenaustauschprogramme für soziale Dienste und Handwerker und ein Bus und LKW Flotten Modernisierungsprogramm. Die Kfz Steuer wird mehr vom CO2 Ausstoß abhängen, Forschung und Entwicklung vor allem in der Zulieferindustrie gefördert, es gibt zusätzliche Investitionen in Ladesäulen und Forschungsförderung für Elektromobilität und Batteriezellfertigung. Die Förderung für E-Busse und deren Ladeinfrastruktur wird aufgestockt. Es würde mich sehr interessieren, was die Klimaexperten unter Euch zu den detaillierten Regelungen zu Mobilität (Punkt 35 des Pakets) sagen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass durch die verschiedenen Förderprogramme für Elektromobilität mehr Elektroautos verkauft werden (oder ob wir sowieso schon an der Kapazitätsgrenze sind).
Hier die kompletten 57 Punkte des Konjunkturpakets zum Nachlesen.